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Die „Verantwortungsgemeinschaft“

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Per Vertrag soll man Verantwortungsgemeinschaften bilden können. FOTO: PIXEL-SHOT-STOCK.ADOBE.COM

Die General- und Vorsorgevollmacht und ihre Bedeutung in der Praxis

NOTAR DR. HERMANN WICHMANN. FOTO: PRIVAT
NOTAR DR. HERMANN WICHMANN. FOTO: PRIVAT

Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Im Februar hat der Bundesjustizminister ein Eckpunktepapier für die Einführung der sogenannte Verantwortungsgemeinschaft vorgelegt. Dabei soll es sich um ein neues Rechtsinstitut für die Übernahme von Verantwortung jenseits von Familie und Partnerschaft handeln. Zu diesem Zweck sollen die Beteiligten einen Vertrag schließen können, der bei einem Notar beurkundet werden muss. Inhaltlich sollen verschiedene „Module“ gewählt werden können, zum Beispiel das Modul „Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten“, das Modul „Zusammenleben“, das Modul „Pflege und Fürsorge“ und sogar das Modul „Zugewinngemeinschaft“, mit dem sich die Beteiligten vermögensrechtlich so stellen können, als wären sie miteinander verheiratet. 

Sieht man einmal von dem Modul der Zugewinngemeinschaft ab, dessen Nachfrage sich erst noch wird erweisen müssen, so hat die öffentliche Berichterstattung über dieses Vorhaben doch teilweise verwundert: Offenbar ist immer noch nicht hinreichend bekannt, dass die Beurkundung von General- und Vorsorgevollmachten schon seit Jahrzehnten die notarielle Praxis prägt. Noch am Abend der Pressemitteilung habe ich einen Radiobeitrag gehört, in dem sich der Kommentator geradezu euphorisch äußerte: Endlich würde eine Möglichkeit geschaffen, dass Lebenspartner sich gegenseitig vertreten könnten, auch wenn sie nicht miteinander verheiratet sind. Das ist nun gleich ein doppelter Irrtum: Zum einen haben auch Partner mit Trauschein gerade keine gesetzlichen Vertretungsrechte füreinander, wenn wir von dem Notvertretungsrecht in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge einmal absehen, das nach § 1358 BGB nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen besteht und zeitlich auf sechs Monate befristet ist. Und zum anderen gibt es in der notariellen Praxis schon seit langer Zeit die General- und Vorsorgevollmacht, mit der sich umfassende Vertretungsbefugnisse schaffen lassen, und zwar immer schon ganz unabhängig davon, ob Vollmachtgeber und Bevollmächtigte durch irgendein Angehörigenverhältnis miteinander verbunden sind oder nicht. Jedermann kann auf diese Weise bevollmächtigt werden, wenn er das Vertrauen des Vollmachtgebers genießt. 

Was verbirgt sich hinter dem Begriff der „General- und Vorsorgevollmacht“ eigentlich? Zum einen wird die Vollmacht im Regelfall ganz uneingeschränkt auf alle persönlichen und alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten erstreckt, die sich überhaupt nur denken lassen. Deshalb ist es eine sogenannte Generalvollmacht. Zum anderen wird diese Vollmacht ja gerade für den Fall erteilt, dass der Vollmachtgeber durch Unfall, Alter oder Krankheit einmal daran gehindert ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Deshalb ist es gleichzeitig eine Vorsorgevollmacht. Begrifflich zu unterscheiden ist diese General- und Vorsorgevollmacht übrigens von der Patientenverfügung: Mit einer Patientenverfügung werden – zumindest ihrem Wesen nach – keine Vollmachten erteilt, vielmehr wird mit ihr in erster Linie nur die Regelung getroffen, in welchen Situationen lebenserhaltende Maßnahmen nicht mehr gewünscht werden, falls man zu gegebener Zeit nicht mehr persönlich dazu befragt werden kann. Wer eine derartige Patientenverfügung errichten will, sollte dies natürlich tun. Noch viel bedeutsamer ist in der allgemeinen Rechtspraxis aber die Erteilung einer General- und Vorsorgevollmacht, damit es überhaupt Menschen gibt, die Entscheidungen im Ernstfall für Sie treffen können! Ist dies in guten und gesunden Tagen versäumt worden, wird später einmal in vielen Fällen vom Amtsgericht ein Betreuer bestellt werden müssen, und zwar mit der weiteren Folge, dass für zahlreiche Angelegenheiten auch noch betreuungsgerichtliche Genehmigungen erforderlich werden können. Dann kann es im Einzelfall auch mal richtig kompliziert werden. 

Für die Errichtung einer gut funktionierenden General- und Vorsorgevollmacht, die eine gesetzliche Betreuung überflüssig macht, ist der Gang zum Notar empfehlenswert, und zwar gleich aus mehreren Gründen: Abgesehen von dem allgemeinen Vorteil der Inanspruchnahme des Notars, dem Echtheitsnachweis für die Unterschrift, ist eine Vollmacht sehr oft überhaupt nur praxistauglich und verwendbar, wenn sie in notarieller Form erteilt wurde: Nach § 29 GBO muss die Vollmacht nämlich mindestens beglaubigt sein, wenn sie gegenüber einem Grundbuchamt verwendet werden soll. Wer Immobilien besitzt, sollte das von vornherein bedenken. Noch sinnvoller als eine bloße Unterschriftsbeglaubigung ist aber die klassische Beurkundung: Auch ein Exemplar mit beglaubigter Unterschrift lässt sich nämlich nicht mehr in Verwendung bringen, wenn dieses Exemplar einmal beschädigt, verloren gegangen oder nach vielen Jahren schlicht nur unauffindbar ist. Von einer beurkundeten Vollmacht kann der Notar dagegen immer wieder neue Ausfertigungen erteilen, weil er die Originalfassung der Niederschrift in seiner Urkundensammlung verwahrt. Ist der Notar nicht mehr im Amt, kann sein Aktenverwahrer neue Ausfertigungen erteilen, später auch noch die für die Verwahrung der Urkundensammlung zuständige Stelle. Denn jede Niederschrift des Notars muss in der Originalfassung für 100 Jahre archiviert werden, zunächst für 30 Jahre papierförmig und danach für weitere 70 Jahre im elektronischen Urkundenarchiv der Bundesnotarkammer. Vor der nicht zu unterschätzenden Verlustgefahr sind Sie nur auf diese Weise bestmöglich geschützt!

Wer neben der General- und Vorsorgevollmacht noch eine Patientenverfügung errichten will, sollte sich ebenfalls nicht damit begnügen, zu Hause einfach irgendeinen Text zu unterschreiben. Der Klinikarzt, der in der kritischen Situation gefordert ist, würde sich dann oftmals nicht darauf verlassen können, dass der Patient überhaupt gelesen hat, was von ihm unterschrieben worden ist. Verlässlich ist die Patientenverfügung für den Klinikarzt dagegen, wenn sie gemeinsam mit dem Hausarzt unterschrieben worden war. Ihr Hausarzt sollte zu diesem Zweck das Formular der Bundesärztekammer in seiner Schublade haben. Wahlweise käme auch bei der Patientenverfügung wieder die Beurkundung bei einem Notar in Betracht, denn mit der Beurkundung wäre für den Klinikarzt natürlich der Beweis erbracht, dass der Text auch Wort für Wort verlesen worden ist und er sich damit auf den Inhalt auch verlassen kann! NOTAR DR. HERMANN WICHMANN