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Rechtsanwalt Markus Thiele Rosdorf: Arbeitsrecht in Corona-Zeiten

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FOTO: Engin Akyurt – pixabay.com

Arbeitnehmer und Arbeitgeber stellen sich in der aktuellen Corona-Problematik eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Fragen im Alltag. Hier ein (freilich nur sehr kurzer) Ausschnitt – mit Antworten.

     

1. Habe ich Anspruch auf einen Home-Office-Arbeitsplatz?

Ein gesetzlicher Anspruch, im Home-Office zu arbeiten, besteht nicht. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können dies aber miteinander vereinbaren und auch befristete Regelungen festlegen.

2. Muss ich zur Arbeit, wenn meine Kollegen husten?

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer nicht das Recht, bei Ausbruch einer Erkrankung wie Covid-19 der Arbeit fernzubleiben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Erbringung der Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer unzumutbar wäre (§ 275 Abs. 3 BGB). Eine solche Unzumutbarkeit liegt etwa dann vor, wenn die Arbeit für den Arbeitnehmer eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib und Leben darstellt. Darunter fällt das bloße Husten von Kollegen ohne weitere Verdachtsmomente nicht.

3. Was muss ich dem Arbeitgeber über meine Gesundheit offenbaren?

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer keine Einzelheiten zu ihrem Gesundheitszustand dem Arbeitgeber gegenüber mitteilen. Ein solcher Anspruch des Arbeitgebers würde ganz erheblich in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreifen. Wenn beim Arbeitnehmer jedoch eine Erkrankung durch eine Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus festgestellt wurde, kann der Arbeitgeber darüber Auskunft verlangen, denn nur so kann er seiner Fürsorge- und Schutzpflicht nachkommen und die gesundheitlichen Belange der übrigen Belegschaft schützen.

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Dr. jur. Markus Thiele FOTO: R

4. Mein Kind ist nicht erkrankt, aber die Kita / Schule ist wegen eines Verdachtsfalls geschlossen: Kann ich „so“ zu Hause bleiben, oder muss ich Urlaub nehmen?

Ist eine Betreuung unter Berücksichtigung des Alters eines Kindes erforderlich, müssen Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen. Ist dies nicht möglich, besteht in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). In diesem Fall wird der Arbeitnehmer von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Es ist also nicht zwingend erforderlich, Urlaub zu nehmen. Dabei ist aber zu beachten, dass bei einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen nur unter engen Voraussetzungen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen kann. Ein solcher kann sich etwa aus § 616 BGB für eine verhältnismäßig kurze Zeit ergeben. Doch kann dieser Anspruch durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein. Dann muss, um entschuldigt der Arbeit fernbleiben zu können, Urlaub genommen werden. Es bietet sich in Fällen dieser Art insgesamt regelmäßig an, ein klärendes Gespräch mit dem Arbeitgeber zu führen und konkrete Regelungen zu treffen.

5. Ich habe eine Kündigung „wegen Corona“ bekommen. Ist das rechtens?

Damit eine Kündigung rechtmäßig ist, muss sie sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet in der Regel (wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Arbeitgeber mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt), dass gemäß § 1 KSchG ein sachlicher Grund vorliegen muss. Die aktuelle Corona-Problematik stellt nicht automatisch einen solchen Grund dar. Daher sollte eine entsprechende Kündigung arbeitsgerichtlich überprüft werden. Eine entsprechende Kündigungsschutzklage muss der Arbeitnehmer binnen einer Frist von drei Wochen ab Zugang beim Arbeitsgericht einreichen.

Und für Arbeitgeber gilt: Der Gesetzgeber hat eine Vielzahl gesetzlicher Änderungen vorgenommen, insbesondere im Bereich der Kurzarbeit. Regelungen zum Kündigungsschutz oder zur Befristung von Arbeitsverträgen wurden aber nicht geändert. Arbeitgeber müssen sich daher auch in Zeiten der Corona-Krise an die bisherigen gesetzlichen Vorgaben halten. Dr. jur. Markus Thiele, Rechtsanwalt