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Julia Näder

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Julia Näder FOTO: CHRISTOPH NEUMAN

Gegen die anfänglichen Bedenken der Eltern und trotz eines gesundheitlichen Schicksalsschlages ging sie ihren eigenen Weg. Bei Kennern des Reitsports dürfte der Name Näder gleich mehrfach klingeln. Julia Näder, Hans Georg Näders ältere Tochter, hat ihn mit ihrem Reitstall in Uetz in der Nähe von Berlin in der Szene bekannt gemacht. Dass die Anlage in ihrer jetzigen Form existiert und Julia Näder ein kaum eingeschränktes Leben führen kann, ist nicht selbstverständlich. Denn Julia Näder hat einen schweren gesundheitlichen Schicksalsschlag erlebt.

Bereits mit 22 Jahren hat sich Julia Näder mit einer eigenen Reitsportanlage einen Traum erfüllt.

Mitten in der Natur und doch in der Nähe des Berliner Rings und der Stadt Potsdam liegt das Dorf Uetz. „Tierhaltung gab es hier schon immer, erst Kühe in der LPG, seit 1990 dann Pferde“, erklärt Julia Näder als Betreiberin der Reitanlage. Sie hat den Stall im Jahr 2013 übernommen und seitdem alles renoviert und modernisiert. „Zum Wohle der Pferde“, wie sie betont. Artgerechte Haltung habe dabei oberste Priorität. Egal, ob Turnier- oder Freizeitreiter, „hier fühlt sich jeder wohl“, verspricht sie.

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT

REITSPORTKARRIERE ZUM GREIFEN NAH

Für Julia Näder selbst war die Karriere im Reitsport zum Greifen nah. Die ältere der beiden Töchter von Hans Georg Näder war auf dem Weg in den Profisport, als ein schwerer Reitunfall ihr Leben veränderte: 2013, am Tag, nachdem sie den Kaufvertrag für die Reitanlage in Uetz unterschrieben hatte, fiel sie vom Pferd und brach sich den Rücken. Seither lebt sie mit einem medizinischen Hilfsmittel – so wie viele Anwender der Ottobock-Produkte. Ein Schrauben-Stab-System stützt ihren Rücken.

Damals war sie 22 und hatte gerade mit ihren Eltern den Kampf ausgefochten, ob sie ihre Energie in eine heruntergekommene Reitanlage stecken oder sich doch besser auf das Studium konzentrieren solle. Beide seien sie nicht begeistert gewesen von der Idee, die Anlage bei Berlin zu übernehmen, berichtet Julia Näder – heute kümmere sich ihre Mutter mit um den Betrieb.

Doch die junge Frau war „besessen“ vom Reitsport, sagt sie. Nach dem Abitur im Internat Louisenlund ging sie nach Berlin, doch dort seien die Trainingsmöglichkeiten schlecht gewesen. Das habe sie ändern wollen. Sie nahm einen Kredit auf – Vater Hans Georg Näder gab erst Geld dazu, als sie selbst den Anfang gemacht hatte – und kaufte die Anlage.

Heute kann die gelernte Betriebswirtin selbst nicht mehr aufs Pferd steigen. Zu gefährlich wäre jeder weitere Sturz nach dem Unfall, bei dem sie nur knapp einer Querschnittslähmung entkam, bei dem sie sich alle Rippen der rechten Seite brach und Blutungen im Kopf zuzog. Anfangs sagt sie, habe sie darunter gelitten, den Sport nicht mehr ausüben zu können. Dann habe sie alles getan, was sie konnte, um die Anlage am Laufen zu halten, ohne selbst zu reiten: Gartenarbeit, renovieren, putzen.

Sie lernte ein Leben jenseits des Reitsports kennen, verreiste mit den Eltern, nahm einen Job bei Ottobock in Australien an. Rund ein Jahr verbrachte sie in Sydney. In der Ferne fand sie zu sich und konnte neu beginnen. Und sie dachte noch einmal anders über die Produkte von Ottobock und ihren Nutzen für die Anwender nach.

Bisher kannte sie dieses Thema aus der Firma und den Gesprächen mit der Familie. Und aus dem heraus, was ihr Heinrich Popow erzählt hatte, mit dem sie einige Zeit liiert war. Der mehrfache Paralympics-Sieger hatte nach einer Krebserkrankung ein Bein verloren. Zwar hatte sie einen solchen Schicksalsschlag nicht erlebt, doch erlebte sie nach ihrem Unfall die „große mentale Dimension von körperlichen Einschränkungen“ sagt Julia Näder.

Julia Näder ist ihrem Vater sehr ähnlich, wenn es um das soziale Gewissen geht. Sie unterstützt unter anderem die Stiftung moonshot mission, das sich weltweit für die effektive Bekämpfung extremer Armut engagiert, und ist in der Ottobock Global Foundation aktiv. Seit 2018 sitzt sie im Vorstand. Sie kümmert sich unter anderem darum, verletzte Flüchtlingskinder in Syrien mit Prothesen, Orthesen und Rollstühlen zu versorgen oder den Opfern der Flutkatastrophe im Ahrtal Hilfe zu bieten.

Außerdem gründet Julia Näder derzeit eine Firma, die Unternehmern mithilfe einer Online-Plattform Unterstützung bei der Netzwerkarbeit bieten will. „Tinder für Professionelle“ habe sie das Projekt einmal gegenüber ihrem Vater genannt, um zu umschreiben, was die Idee hinter der Firma ist – und der habe es glatt falsch verstanden.