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JAHRESRÜCKBLICK

Ehemaliges Kurhotel: Landkreis stoppt Pläne der „Reichsbürger“ in Bad Lauterberg

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FOTOS: MICHAEL BRAKEMEIER

Am Wiesenbeker Teich wird es voraussichtlich kein Gesundheits- und Seminarhaus geben. Der Landkreis hat dies untersagt. Anfang des Jahres hatten „Reichsbürger“ die Immobilie gekauft.

Bad Lauterberg. Eigentlich hat Ute Kowalewski große Pläne mit der ehemaligen Kurhotelanlage am Wiesenbeker Teich in Bad Lauterberg. Die bekennende „Reichsbürgerin“ will der maroden Immobilie zu altem Glanz verhelfen und ein Gesundheits- und Seminarhaus „in Spitzenlage“ errichten. Im September wird ein Kiosk auf dem Gelände eröffnet. Doch dem hat der Landkreis Göttingen Ende November erst einmal einen Riegel vorgeschoben. 

„Wegen baurechtlicher Bestimmungen untersagt der Landkreis Göttingen die Nutzung eines Kiosks und verschiedener Wohnanlagen auf einem Grundstück am Wiesenbeker Teich in Bad Lauterberg“, lässt die Behörde verlauten. Fehlende Baugenehmigungen und -anträge seien ausschlaggebend für die Entscheidung. Da weder für den Kiosk noch für die Wohnanlagen auf dem Grundstück Bestandsschutz bestehe, drohe bei Missachtung der Anordnung im äußersten Fall der Abriss. 

Bauordnungsrecht gilt auch für „Reichsbürger“

Das „Königreich Deutschland“ hat im September am Wiesenbeker Teich einen Kiosk eröffnet. Doch im November wird Inhaberin Ute Kowalewski die Nutzung untersagt. 
Das „Königreich Deutschland“ hat im September am Wiesenbeker Teich einen Kiosk eröffnet. Doch im November wird Inhaberin Ute Kowalewski die Nutzung untersagt. 

„Das Bauordnungsrecht gilt für alle Menschen gleichermaßen, so auch für die neuen Eigentümer des ehemaligen Hotelkomplexes am Wiesenbeker Teich“, kommentiert Baudezernentin Doreen Fragel den Schritt. Auch wenn die sogenannten Reichsbürger das Rechtssystem der Bundesrepublik nicht anerkennen würden, so werde der Landkreis dieses dennoch durchsetzen. Nach Definition der Eigentümerin gehört das ehemalige Kneipp-Kurhotel zum Staatsgebiet des sogenannten „Königreich Deutschlands“. 

Der jetzige Schritt der Kreisverwaltung hat eine längere Vorgeschichte. Ende August waren Zoll, Polizei und Landkreismitarbeiter gemeinsam auf dem Grundstück im Einsatz. Schwerpunktmäßig sei man dem Verdacht der Schwarzarbeit nachgegangen und habe die Einhaltung von Abfall- und Arbeitsrecht überprüft. 14 Tage später löste ein verdächtiges Paket in der Kreisverwaltung einen Bombenalarm aus. Absenderin war Kowalewski. 

Die Aktivitäten der Gruppe um „König Peter I.“ Fitzek in Bad Lauterberg waren durch ein Youtube-Video Anfang 2023 eher zufällig öffentlich geworden. Daraufhin widmeten sich Medien den jüngsten Expansionsplänen des selbst ernannten Monarchen. Fitzek hatte bereits – meist durch Dritte – in anderen Bundesländern Grundstücke in ländlichen Regionen erworben, um seine Idee von wirtschaftlich autarken sogenannten Gemeinwohldörfern zu realisieren. 

Was nun aus dem Grundstück am Wiesenbeker Teich, der als Teil des „Oberharzer Wasserregals“ zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, noch werden kann, da den Eigentümern die Nutzung von Teilen der Anlagen entzogen wurde, bleibt abzuwarten. Bad Lauterbergs Bürgermeister Rolf Lange (CDU) hat schon im Sommer auf Tageblatt-Nachfrage seine Zweifel an der Zukunft der Immobilie geäußert. Schon damals sagt der Verwaltungschef, er könne sich nicht vorstellen, „dass für das Gebäude jemals wieder eine Nutzungserlaubnis erteilt wird“. Diese Prognose scheint sich jetzt zu bewahrheiten.


Erste Flüchtlinge ziehen ein

Ehemalige Paracelsus-Klinik in Bad Sachsa soll später als regulärer Standort mit 400 Plätzen geführt werden

Bad Sachsa. Anfang November ziehen die ersten Flüchtlinge in die ehemalige Paracelsus-Klinik in Bad Sachsa ein. Dort hat die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen eine Notunterkunft für Geflüchtete eingerichtet. 

Zum Start werden zunächst rund 50 sogenannte vulnerable Personen in der Einrichtung untergebracht. Zu den vulnerablen Gruppen zählen zum Beispiel alleinreisende Frauen, Frauen mit Kindern und Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. 

Alle Voraussetzungen sind geschaffen

Die Anzahl der Personen werde in den folgenden Wochen nach und nach erhöht, erläuterte Behördensprecherin Hannah Hintze. Die Maximalkapazität der Notunterkunft beträgt insgesamt 200 Plätze. „Wann die Unterkunft voll belegt sein wird, steht noch nicht fest“, sagt Hintze. Nach Abschluss der zuletzt noch ausstehenden Arbeiten zur Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorgaben seien nun alle Voraussetzungen geschaffen, um den Betrieb der Notunterkunft in Bad Sachsa aufzunehmen, erläutert Hintze weiter. 

Das Genehmigungsverfahren zur Nutzung der ehemaligen Klinik als regulären Standort mit 400 ­Plätzen sei derzeit noch nicht ­abgeschlossen und laufe parallel zur Nutzung als Notunterkunft weiter. 

Nutzungsänderung durch den Landkreis Göttingen abwarten

Für den weiteren Prozess und die Einrichtung einer längerfristigen Unterkunft mit bis zu 400 Unterbringungsplätzen sei die Entscheidung zur Nutzungsänderung durch den Landkreis Göttingen abzuwarten, ergänzt Behördensprecherin Hintze. Seitens der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen seien „vorerst alle Vorkehrungen getroffen“ worden. Ob sich weitere Vorgaben für die Ertüchtigung der Liegenschaft für 400 Unterkunftsplätze ergäben, müsse nun ebenfalls abgewartet werden. 

Unterkunft mit 200 Plätzen wäre akzeptabel

„Die Menschen sind bei uns willkommen“, sagt Bad Sachsas Bürgermeister Daniel Quade (FDP) Mitte Oktober bei einer Informationsveranstaltung zur Notunterkunft. Quade lässt zumindest an der Bereitschaft der Verwaltung keinen Zweifel, bis zu 200 weitere Geflüchtete in der Stadt aufzunehmen. Im September sorgen die Pläne und die Informationspolitik des Landes in der Harzstadt allerdings zunächst für Unmut. Aus der ohnehin geplanten und lange diskutierten Erstaufnahmeunterkunft in der ehemaligen Paracelsus-Klinik am Pfaffenberg solle, so die Ankündigung von Innenministerin Daniela Behrens (SPD), kurzfristig eine Notunterkunft für Flüchtlinge werden. 

Über alle Parteien im Rat der Stadt gilt der Konsens, dass eine Unterkunft mit 200 Plätzen akzeptabel für den Ort sei. Mehr Plätze aber würde die Stadt überfordern, hatte Bad Sachsas stellvertretender Bürgermeister Lutz Rockendorf (FDP) vor dem Hintergrund gesagt, dass in Bad Sachsa bereits 320 Flüchtlinge leben würden. Sorge bereitet einigen Anwohnern am Pfaffenberg die geplante Größe der Erstaufnahmeunterkunft.