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Im Assessment-Center punkten

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Wer zum Assessment-Center eingeladen wird, hat den ersten Schritt schon geschafft. FOTO: R

„Bankbeamte“ sterben aus?

Assessment-Center, kurz AC genannt, zählen heute zu den Standard-Instrumenten der Personalauswahl – zumindest in Großunternehmen. „Denn in ihnen kann man einer Vielzahl von Bewerbern objektiver als in Einzelinterviews gegenübertreten“, schwärmt zum Beispiel Bernadette Imkamp, Leiterin Personalbetreuung und -marketing bei der Schwäbisch Hall-Unternehmensgruppe. Entsprechend breit setzt die Bausparkasse AC ein: von der Azubi-Auswahl bis zur Auswahl der Teilnehmer für die Führungskräfte-Entwicklungsprogramme.Damit agiert Schwäbisch Hall laut Harald Müller, Leiter Trainee-Programme beim Frankfurter Bildungsdienstleister Provadis eher gegen den Trend: „In der Regel kommen Assessment-Center primär zum Einsatz, wenn es um die Auswahl hoch qualifizierter Bewerber geht.“

Schulabsolventen, die zu einem Assessment-Center (AC) eingeladen werden, sind heiße Stellenkandidaten.

Teilnehmer sind in der engen Auswahl

Übereinstimmend betonen die befragten Unternehmen: Assessment-Center sind nur ein Instrument in unserer „Test-Batterie“. Und wer eine AC-Einladung erhält? Der ist ein heißer Stellenkandidat. Als Beispiel für das Vorgehen kann die Allianz Deutschland dienen. Der Versicherungskonzern nutzt AC, um „aus den Top-Bewerbern“ für sein Trainee- und Vorstandsassistenten-Programm „die für unser Unternehmen passendsten herauszufiltern“, erklärt Personalreferentin Maike Unger. Das heißt: Wer eine AC-Einladung erhält, dessen Lebenslauf und Bewerbungsunterlagen erfüllten die Anforderungen der Allianz. Außerdem hinterließ er oder sie beim Telefon-Interview, das meist auf das Sichten der Unterlagen folgt, einen Spitzen-Eindruck. Und auch bei den anschließenden ein, zwei persönlichen Vorstellungsgesprächen hatten die Personalverantwortlichen den Eindruck: Das ist ein heißer Kandidat!

Moderne AC ’sind dynamischer

Heute dauern die AC kürzer als früher. „Zumeist einen Tag“, erklärt der Personalauswahl und -diagnostikexperte Dr. Albrecht Müllerschön, Starzeln. Auch ihr Design hat sich geändert. Eine geringere Rolle spielt in ihnen die Postkorb-Übung. Sie ist der Klassiker unter den AC-Übungen. Bei ihr erhalten die Teilnehmer einen „Postkorb“, mit ein, zwei Dutzend mehr oder weniger dringlichen Aufgaben. Diese sollen die Kandidaten unter Stressbedingungen bearbeiten. Das heißt, mal wird eine Info nachgereicht, mal ruft ein Kunde an, mal kommt ein Meeting dazwischen.

Diese Übung, mit der die Unternehmen die Entscheidungsfreude und Selbstorganisation der Kandidaten testen wollten, spielt in den AC heute „eine deutlich geringere Rolle als früher“, erklärt AC-Experte Müller. Die modernen AC seien „dynamischer“; zudem branchenspezifischer und stärker auf das Unternehmen bezogen.

AC bilden betriebliche Prozesse ab

Wie AC heute häufig ablaufen, schildert Dr. Albrecht Müllerschön. Das gesamte AC steht unter einem Dachthema. Dieses kann lauten: „Unser Geschäftsbereich x stellt sich dem Wettbewerb“. Zu Beginn des AC erhalten alle Kandidaten repräsentative Kennzahlen des (fiktiven) Geschäftsbereichs. In der ersten Übung soll jeder Teilnehmer dessen Schwachstellen ermitteln und seine Erkenntnisse den Beobachtern präsentieren. Danach folgt eine Diskussionsrunde. Die Teilnehmer erörtern gemeinsam: Was hat Priorität? Was gehen wir an? Dann werden Arbeitsgruppen gebildet. Jede erstellt einen Maßnahmenplan. In den nächsten Übungsrunden setzen die Kandidaten die Maßnahmen um. Sie führen zum Beispiel Zielvereinbarungsgespräche mit Mitarbeitern und leiten Projektsitzungen. In modernen AC wird versucht, betriebliche Prozesse und Herausforderungen realitätsnah abzubilden. Außerdem sind in sie, laut Maike Unger, mehr Rollenspiele integriert. Anhand ihres Verlaufs wollen sich die Beobachter ein Urteil über die soziale und emotionale Intelligenz der Kandidaten bilden. Denn, dass sie fachlich die Voraussetzungen für die vakante Position erfüllen, daran bestehen bei ihnen kaum noch Zweifel. Anders sieht es hinsichtlich der Frage aus: Haben sie auch das Potenzial, um Führungskräfte zu werden? Das soll im AC ermittelt werden.

„Bankbeamte“ sterben aus?

Früher galten Bankberufe als extrem sicher. Deshalb wurden Bankangestellte oft als „Bankbeamte“ bezeichnet. Entsprechend groß war die Ernüchterung, als die Banken im Zuge der Finanzkrise Mitarbeiter entließen.

Schlechteres Berufsimage

„Das Image des Berufs ‚Bankkaufmann/-frau’ hat sich verschlechtert. Das zeigen Befragungen von Schulabgängern nach ihrem Traumberuf“, stellt auch die Ausbildungsleiterin bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall fest. Deshalb müssen sich die Banken heute stärker um Bewerber für diesen Ausbildungsberuf bemühen.

Eine Ursache ist laut Professor Dr. Karl Müller-Siebers, Präsident der Fachhochschule für die Wirtschaft (FHDW), Hannover: Vor der Finanzkrise erachteten viele (Hoch-)Schulabgänger vor allem das Investmentbanking als attraktiv. Denn dort spielte in ihren Augen die Musik. Anlageformen wie Bausparverträgen und festverzinslichen Wertpapiere haftete hingegen „ein verstaubtes Image an. Und das übertrug sich auf die Institute, die bei der Geldanlage stark auf solche Produkte setzen.“

Vertrieb: attraktiv, doch wenig beliebt

Entsprechend stark buhlen die Geldinstitute seit einigen Jahren um gute Mitarbeiter – vor allem im Vertrieb. Doch die sind rar, auch weil Themen Verkauf und Beratung bis vor wenigen Jahren in der Ausbildung der Bankkaufleute eine geringe Rolle spielte. Deshalb bieten inzwischen zahlreiche Geldinstitute eine spezielle Ausbildung „Bankkaufmann/-frau Vertrieb“ oder „Bankkaufmann/-frau im Außendienst“ an – zum Beispiel die Postbank und Schwäbisch Hall.

Doch für diese Ausbildungen erwärmen sich wenig Schulabgänger. Das überrascht nicht: „Die klassischen Banken ziehen historisch bedingt eher Bewerber mit einer geringen Affinität zum Verkaufen an.“ Dabei bieten sich Bankmitarbeitern gerade im Vertrieb gute Perspektiven. „Denn im Backoffice der Banken werden die Prozesse zunehmend automatisiert. Deshalb benötigen sie weniger Sachbearbeiter. Was sie aber brauchen sind kompetente Finanzberater.“

Wichtig: Lust am Umgang mit Kunden

Deshalb werden künftig auch in der klassischen Ausbildung zum/zur „Bankkaufmann/-frau“ die Themen Beraten und Verkaufen eine zentrale Rolle spielen. Und damit ändern sich auch die Anforderungen an die Bewerber. Die Banken werden künftig bei der Auswahl ihrer Azubis noch stärker auf deren Kontaktfähigkeit und Einfühlungsvermögen achten. Auch aus folgendem Grund, wie Ausbilderin Sonja Striebel erklärt: „Das bankspezifische Fachwissen kann man jungen Leuten vermitteln. Die Lust am Umgang mit Kunden meist nicht.“