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Gut vorsorgen für den Fall der Fälle

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Niemand wünscht es sich. Es passiert aber trotzdem, jeden Tag, ohne Vorwarnung: ein schwerer Verkehrsunfall oder ein Herzinfarkt oder eine unglücklich verlaufene Operation - und dann Intensivstation, vielleicht sogar Koma. Was passiert in einem solchen Fall? Wer kümmert sich um die Wohnung? Wer beantragt Leistungen bei der Krankenkasse?

Was genau sind Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung?

Wenn es keine Angehörigen gibt, bestellt das Amtsgericht einen Betreuer. Dieser wird dann als gesetzlicher Vertreter tätig und darf beispielsweise in Operationen einwilligen. Er erhält aber auch Zugriff auf das eigene Bankkonto und kann die Wohnung betreten. Wer das nicht möchte, kann als Alternative eine Vorsorgevollmacht (oft auch Generalvollmacht genannt) erteilen. Was versteht man darunter genau?

Jeder geschäftsfähige Mensch ist frei darin, einem oder auch mehreren anderen Personen eine Vollmacht zu erteilen. Vollmacht bedeutet, dass die bevollmächtigte Person für den Vertretenen (den Vollmachtgeber) rechtlich wirksam handeln kann. Inhaltlich unterscheidet man üblicherweise zwischen Vermögensangelegenheiten und Gesundheitsfragen. Der Bevollmächtigte kann dann beispielsweise – unter Vorlage der Vollmachtsurkunde – von den behandelnden Ärzten Auskunft verlangen oder gegen einen Steuerbescheid für den Vollmachtgeber Einspruch einlegen oder eine Rente beantragen. Man kann die Vollmacht sehr weit fassen und anordnen, dass diese für alle Bereiche des Lebens gelten soll, in denen eine Stellvertretung zulässig ist. Man kann sie aber auch nur sehr eingeschränkt erteilen. Man kann bestimmen, dass der oder die Bevollmächtigten jeweils allein handeln können, man kann aber genauso festlegen, dass nur zwei (oder mehr) Bevollmächtigte gemeinsam handeln dürfen (sogenanntes Vier-Augen-Prinzip). Es kann eine Person mit Vermögensfragen bevollmächtigt werden, eine andere mit den Gesundheitsangelegenheiten. Regelmäßig wird eine Vollmacht mit einer Patientenverfügung kombiniert. In dieser legt man für sich selbst verbindlich fest, ob und wie eine ärztliche Behandlung in bestimmten Situationen erfolgen oder aber auch nicht erfolgen soll. Die moderne Apparatemedizin ist in der Lage, das Leben sehr lange aufrechtzuerhalten und zwar auch in Situationen, die von vielen nicht mehr als lebenswert angesehen werden. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass man in einer Patientenverfügung regeln kann, dass die künstliche Ernährung eingestellt wird, wenn man sich im Wachkoma befindet und keine realistische Aussicht besteht, das Bewusstsein wiederzuerlangen. Entscheidend ist, dass die konkrete Formulierung der Patientenverfügung den Anforderungen der Rechtsprechung genügt.

Die Patientenverfügung ergänzt somit die Vollmacht, indem sie einem Bevollmächtigten vorgibt, welche konkrete Entscheidung er in bestimmten Situationen zu treffen hat. Ein Bevollmächtigter ist zwar grundsätzlich in der Lage zu entscheiden, ob beispielsweise die Gabe von Antibiotika gewünscht ist oder nicht. Wie genau die konkrete Entscheidung dann aber im Einzelfall ausfallen soll, wird ihm in der Patientenverfügung vorgegeben.

Natürlich kann eine Patientenverfügung auch isoliert und unabhängig von einer Vollmacht verfasst werden. Dann ist man aber darauf angewiesen, dass sie den behandelnden Ärzten im Ernstfall tatsächlich vorliegt und man muss zusätzlich darauf vertrauen, dass die Ärzte sie beachten werden. Ein Bevollmächtigter kann dies hingegen – notfalls mit gerichtlicher Unterstützung – durchsetzen.

Schließlich bietet es sich an, zur Sicherheit auch eine Betreuungsverfügung abzufassen. Für den seltenen Fall, dass es bezüglich der Vollmachtserteilung Probleme gibt oder die Vollmacht Regelungslücken enthält, kann jeder für sich selbst vorsorglich festlegen, wer als Betreuer bestellt oder vielleicht gerade nicht bestellt werden soll.

Rein rechtlich ist die Erteilung einer Generalvollmacht und die Abfassung einer Patienten- und Betreuungsverfügung in einfacher Schriftform möglich, eine Vollmacht kann sogar mündlich wirksam erteilt werden. Erfahrungsgemäß ist die Akzeptanz im Rechtsverkehr, insbesondere bei Banken, in diesen Fällen aber sehr problematisch. Und spätestens, wenn es um Grundstücke geht, ist die einfache Schriftform nicht mehr ausreichend. Es empfiehlt sich daher, eine Vorsorgevollmacht notariell abfassen zu lassen. Mit der Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde ist dann festgehalten, dass es tatsächlich der Vollmachtgeber war, der die Vollmacht erteilt (und keine Fälschung vorliegt), dass der Vollmachtgeber im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war und dass er die Regelungen genau so, wie sie schriftlich niedergelegt sind, wirklich wünscht und sie daher nicht mehr zu hinterfragen sind.

Oberste Voraussetzung einer Vorsorgevollmacht ist, dass der Vollmachtgeber absolutes Vertrauen zu dem oder den Bevollmächtigten haben muss. Nur wer sich wirklich ganz sicher sein kann, dass die Vollmacht verantwortungsbewussteingesetzt werden wird, soll sie erteilen.

Dr. Patrick Riebe
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Steuerrecht