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Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist

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FOTO: HALFPOINT - FOTOLIA.COM

Eine der markanten Sätze Jesu im Disput mit den Pharisäern war: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“ (Markus 12,13 – 17). Was aber genau der Bürger, die Bürgerin der Obrigkeit an Steuern schulde, ist ein Jahrtausende alter Konflikt und, angesichts der großen Mehrausgaben in der Pandemiekrise und deren künftige Aufbringung, ein sehr aktuelles Thema. So wird nicht nur über die Tarifgestaltung der Einkommensteuer heftig diskutiert und um Mehrwertsteuersätze gefeilscht; wieder stärker in die Diskussion gelangen Erbschaftssteuer und auch die totgeglaubte Vermögenssteuer.

Oder: Der stete Kampf um die Erbschafts- und Schenkungsteuer

Für viele Bürgerinnen und Bürger ist die Erbschaftssteuer ein Buch mit sieben Siegeln. Wenige wissen, dass, mit geringen Ausnahmen, die Erbschaftssteuer genauso ausgestaltet ist wie die Schenkungsteuer. Schon über die derzeit geltenden Freibeträge und die Steuersätze herrscht Unkenntnis.

Maßgeblich ist der Grad der Verwandtschaft. So betragen die Freibeträge
• unter Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern 500.000 EUR
• von Eltern auf Kinder und Enkelkinder (wenn deren Eltern nicht mehr leben), Stiefkinder und Adoptivkinder 400.000 EUR
• von Eltern auf Enkelkinder 200.000 EUR
• auf Eltern, Großeltern und Urenkel 100.000 EUR
• auf Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder 20.000 EUR
• auf nicht verwandte Erben 20.000 EUR.

Darüber hinaus gibt es Versorgungsfreibeträge für Ehepartner und Kinder bis zu 256.000 EUR für den Ehepartner und eingetragenen Lebenspartner.

Über die Freibeträge hinausgehende Werte des Nachlasses sind zu versteuern, wobei es drei Steuerklassen gibt,
• Steuerklasse I für Ehepartner, Kinder, Enkelkinder und Eltern sowie Großeltern
• Steuerklasse II für entferntere Verwandte, insbesondere Geschwister
• Steuerklasse III für nicht verwandte Erben.

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Dr. Harald Noack FOTO: R

Die Steuersätze in den einzelnen Steuerklassen sind gestuft. So beginnt der Steuersatz in der Steuerklasse I bei 7 % bis 75.000 EUR zu versteuernder Nachlass, in der Steuerklasse II beträgt der schon 15 % und in der Steuerklasse III 30 %.

Schon bei zu versteuernden Nachlasswerten bis 300.000 EUR werden in der Steuerklasse I 11%, in der Steuerklasse II 20% und in der Steuerklasse III 30% fällig. Diese Steuersätze steigen für große Nachlasswerte in der Steuerklasse I auf 30 %, in der Steuerklasse II auf 43 % und in der Steuerklasse III auf 50 %.

Von erheblicher Bedeutung ist, dass derzeit die Steuerfreibeträge alle zehn Jahre geltend gemacht werden können. Durch geplantes Schenken noch zu Lebzeiten können so zum Beispiel von Eltern (gemeinsam) auf ihr Kind in jedem Zehnjahreszeitraum 800.000 EUR steuerfrei übertragen werden.

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FOTO: THORBEN WENGERT_PIXELIO.DE

Aber Vorsicht: Diese Verschonungsregel ist in der Diskussion. So hat kürzlich das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung deutlich gemacht: Würde im Zuge einer Erbschaftssteuerreform (und solche Steuerreformen bringen immer Verschlechterungen für den Bürger / die Bürgerin) diese Regelung aufgehoben, könnten die Freibeträge nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden.

Wenn sich Eltern derzeit scheuen, größere Vermögenswerte bereits jetzt, also zu Lebzeiten, auf ihre Kinder zu übertragen, bietet sich die Rechtsgestaltung „Nießbrauch“ an, also die Übertragung unter dem Vorbehalt des wirtschaftlichen Eigentums. Das klappt nicht nur bei Immobilien, sondern zum Beispiel auch bei Aktiendepots. Der Wert des Nießbrauchs wird bei der Schenkungsteuer berücksichtigt. Grundlage für deren Berechnung ist das Bewertungsgesetz. Die etwas komplizierte Berechnungsmethode führt dazu, dass möglichst frühe Schenken unter Nießbrauchsvorbehalt steuerlich begünstigt ist.

Gerade im Bereich von Erbschafts- und Schenkungsteuer ist kompetente und sachkundige Beratung unerlässlich.

Dipl. Volksw. Dr. Harald Noack, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, ist Partner der Menge Noack Rechtsanwälte mit den Fachgebieten Wirtschaft, Steuern und Erbrech