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Unser eichsfeld

Esplingerode

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Wohnte im Grünen: Storch in Esplingerode. FOTO: SCHNEEMANN

Desingerode

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat 2019 ein Storchenpaar in Esplingerode genistet. „Gebrütet hat es leider nicht“, bedauert Susann Heddergott, auf deren Linde die Tiere ihr Nest gebaut haben. „Mein Mann hat in diesem Jahr auf unserem Hof Helmpflicht angeordnet“, erzählt Heddergott lachend. Immer wieder fielen nämlich Wurzelballen vom Baum herunter. Die großen Vögel hatten die Blumentopf-Hinterlassenschaften auf Komposthaufen im Dorf eingesammlt und beim Nestbau verwendet. Auch andere Baumaterialien, etwa Äste, stürzten herab. Da die Tiere zudem beim An- und Abflug ihren Darm entleerten, sperrten Heddergott und ihr Mann, Thomas Klein, den Parkplatz direkt unter der Linde.„Wir haben den Baum vor zwei Jahren aus Gründen der Standsicherheit zurückgeschneiden lassen“, erzählt Heddergott. Dass damit ein Bauplatz entstanden war, erkannte Storchenmännchen Günter, wie ihn die Esplingeröder nennen, Anfang April. Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits erfolglos versucht, auf der Sirene im Ort ein Nest zu bauen. Dort waren jedoch alle Äste heruntergerutscht. Das Nest, das in den kommenden Wochen auf der Linde entstand, lockte auch einen zweiten Storch an. Entschlossen verteidigte Günter sein Revier. In einer harten Auseinandersetzung, in der manche Feder flog, schlug er den Konkurrenten in die Flucht.  


Ein Weiblichen ließ sich allerdings erst Ende Mai blicken. Gerlinde, wie sie in Esplingerode heißt, hatte damit den Zeitpunkt fürs Eierlegen verpasst. So verbrachte das kinderlose Pärchen seine Zeit im Eichsfeld alleine. Tagsüber gingen sie auf Jagd. Wenn die Bauern auf dem Feld arbeiteten, hielten sie sich in unmittelbarer Nähe auf. Sie konnten so jedes Mal eine große Zahl aufgescheuchter Mäuse erbeuten. Da sie die Nager ganz herunterschluckten, konnte Heddergott das Jagdglück gut verfolgen. „Es ging jedes Mal zack, zack, zack“, erzählt sie.

In der freien Zeit verfolgten die Vögel neugierig das Treiben auf Heddergotts Pferdehof. Sie waren mit dabei, wenn die Vierbeiner morgens zur Koppel gebracht oder abends von dort geholt wurden. Während des heißen Julis hielten sich die Störche den ganzen Tag im Nest auf und beobachteten den Hof. Heddergott fühlte sich regelrecht überwacht. „Ich hätte nicht gedacht, dass Wildtiere sich derart für Menschen interessieren“, wundert sie sich.


Die Vögel selbst waren natürlich ebenfalls eine Attraktion. Nicht nur die Esplingeröder schauten immer mal wieder, was es Neues gibt. Auch Radfahrer hielten an, um die Störche zu beobachten. Manche waren eigens dafür in das kleine Dorf mit seinen gut 130 Einwohnern gefahren. Ende September hat das Storchenpaar dann das Eichsfeld verlassen. „Wir hoffen, dass sie 2020 wieder bei uns wohnen und diesmal auch Junge bekommen“, sagt Klein.

Jahrzehntelang waren Weißstörche auf dem Eichsfeld so gut wie ausgestorben. Weil Feuchtbiotope trockengelegt und Bäcke begradigt worden waren, fanden sie nicht mehr ausreichend Nahrung. Dazu trug auch die Industrialisierung der Landwirtschaft bei. Erst nach einer Reihe von Renaturierungsmaßnahmen zur Jahrtausdenwende ließen sich wieder Störche in der Region nieder. Mittlerweile nisten die imposanten Vögel wieder in einem Dutzend Orte des Altkreises Duderstadt. mic
  

Desingerode

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Wurde in diesem Jahr vom Kolpingswerk mit dem silbernen Ehrenzeichen ausgezeichnet: Michael Nachtwey.  FOTO:  PINTSCHAK

Authentisch bleiben und sich von den Nöten der Zeit lehren lassen, was zu tun ist: Das rät der stellvertretende Kolping-Bezirksvorsitzende, Michael Nachtwey, Vereinen und Verbänden.

Die Zeiten für Vereine und Verbände sind nicht einfach. Das weiß der Desingeröder Architekt und Jäger Nachtwey nur zu gut. Der Kolingbezirksverband Duderstadt, dessen stellvertretender Vorsitzender er seit gut 20 Jahren ist, hatte vor einem Jahrzehnt noch 1500 Mitglieder. Heute sind es 1200 Mitglieder. Das hat mit dem demografischen Wandel zu tun. Der Verein hat viele alte Kolpingbrüder und -schwestern, doch die Nachwuchsgewinnung gestaltet sich aufgrund kleiner werdender Jahrgänge immer schwieriger.

„Darüber klagen auch andere“, weiß Nachtwey. Bei den Kolpingfamilien komme erschwerend hinzu, dass sie ein katholischer Verein seien. Die vielen Missbrauchsfälle der vergangenen Jahre machten es ihnen nicht einfacher, junge Menschen zu begeistern. Außerdem ziehe sich die Kirche immer stärker aus der Fläche zurück. In diesem Jahr habe auf dem Eichsfeld der überpfarrliche Personaleinsatz begonnen. Kleine Pfarrteams betreuten nun mehrere Großgemeinden. Diese seien erst vor einigen Jahren im Zuge von Stellenstreichungen durch Gemeindefusionen entstanden.

„Wenn es engagierte Betreuer und vernüftige Projekte gibt, sind die Jugendlichen durchaus dabei“, betont Nachtwey. In Desingerode, wo er Vorsitzender der Kolpingfamilie sei, packten die jungen Menschen zum Beispiel beim Nikolausmarkt mit an – einer der großen Veranstaltungen im Dorf. In diesem Jahr machten sie am ersten Adventswochenende die Crepes. „Ein Problem des Eichsfelds als strukturschwarer Region ist dann aber immer die Zeit nach Beendigung der Schule“, weiß Nachtwey. Dann verließen viele junge Menschen für ihre Ausbildung oder das Studium die Region. Und die Kolpingfamilien könnten wieder vor vorne beginnen.
   

Wer versucht, Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit zu geben, wird auch Mitstreiter finden, stellt der Kolpingbruder jedoch klar. Die Diözesanverband habe zum Beispiel im vergangenen Jahr die Kolping Erneuerbare Energien Genossenschaft gegründet. Sie werbe Gelder ein, um damit unter anderem die Dächer kirchlicher Gebäude mit Photovoltaikanlagen auszustatten. Die Genossenschaft zahle eine „vernünftige Rendite“. Zu den bereits umgesetzten Projekten gehöre unter anderen eine 250-Kilowatt- Anlage auf dem Dach der Pferdeberg-Ferienstätte bei Duderstadt. Weitere Vorhaben in der Region seien im Planung. „Was mir bei Kolping gefällt, sind die kurzen Entscheidungswege“, sagt Nachtwey. Wenn der Vorstand etwas beschließe, werde es auch zeitnah umgesetzt. Das sei in der Politik anders. „Ich war auch im Ortsrat“, verrät der Architekt. Bis dort ein Projekt abgeschlossen sei, vergingen oft Jahre oder gar Jahrzehnte. Hinzu komme, dass die Ortsräte kaum etwas entscheiden könnten. Das letzte Wort habe immer der Rat der Stadt Duderstadt. Und das eigene Budget sei winzig. In Desingerode ständen dem Ortrat nur ein paar 1000 Euro zur Verfügung. Damit lasse sich nur wenig bewegen. mic