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Erben und Vererben bei Patchwork-Familien

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Mein Kind – Dein Kind… wenn es ans Erben geht, wird es in Patchworkfamilien kompliziert. FOTO: PIXABAY

Die Zahl der sogenannten Patchwork-Familien nimmt zu. Sofern die Eheleute hier ein gemeinsames Testament errichten wollen, sind die Abhängigkeiten der einzelnen darin enthaltenen letztwilligen Verfügungen meist differenzierter zu betrachten, als bei nur gemeinsamen Kindern.

Anwaltliche Beratung verhindert Komplikationen

Ein gemeinsames Testament enthält in der Regel „wechselbezügliche“ Verfügungen, die nach dem Tod des Ersten für den Überlebenden bindend und so nicht mehr abänderbar sein können. Möglich ist es, dass sich die Eheleute bezüglich der Bindungswirkung Ausnahmen vorbehalten und dem Überlebenden gestattet wird, noch Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen oder sogar ein neues Testament, gegebenenfalls mit ganz anderen Erben, zu errichten.

Problematisch wird es oft dann, wenn die Eheleute nicht nur gemeinsame Kinder, sondern daneben auch Kinder aus früheren Beziehungen haben. Diese Konstellation birgt auch pflichtteilsrechtliche Probleme.

Meistens setzen sich die Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig und im zweiten Erbfall als Schlusserben die Kinder ein, wobei die Formulierung „unsere Kinder“ bereits unklar ist und Gerichte hier schon gegenteilig entschieden haben, ob damit nur die gemeinschaftlichen oder alle Kinder gemeint sind.

Da leibliche oder adoptierte Kinder nach dem Versterben eines Elternteils gesetzliche Erben und pflichtteilsberechtigt sind, kann der Pflichtteil von gemeinschaftlichen Kindern jeweils beim Tod eines Elternteils gefordert werden. Bei der Patchwork-Familie hingegen hat das leibliche Kind des zuerst versterbenden Elternteils beim Tod des zuletzt versterben den Stiefelternteils keine Pflichtteilsansprüche mehr. Sofern es hier dem überlebenden Stiefelternteil gestattet ist, ein gemeinsames Testament zu ändern und neue Erben einzusetzen, könnte der überlebende Elternteil somit die Stiefkinder enterben, ohne dass diese einen Pflichtteilsanspruch hätten. Auch würde ein Kind bei dieser Konstellation sich möglicherweise nach dem Tod des leiblichen Elternteils gezwungen sehen, seinen Pflichtteil zu fordern, um am Ende eventuell nicht „leer“ auszugehen. 
       

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FOTO: PRIVAT

Wenn ein Patchwork-Ehepaar sich – aus welchen Gründen auch immer – entscheidet, dass einseitige Kinder eines Ehepartners im Testament nicht berücksichtigt werden sollen, so bedarf es noch besonderer und ergänzender Gestaltungsmaßnahmen. Dies gilt auch für den Fall, dass ein einseitiges Kind zwar erben oder seinen Pflichtteil erhalten, aber gleichzeitig vermieden werden soll, dass es an dem Vermögen beteiligt wird, welches der leibliche Elternteil beim ersten Erbfall vom Stiefelternteil bekommen hat.

Bereits aus dem vorstehenden Überblick dürfte schnell zu erkennen sein, dass die Nachlassregelungen bei Patchwork-Familien sich schwieriger gestalten, als bei Eheleuten mit nur gemeinsamen Kindern.

Es ist daher sinnvoll, seine Rechtsnachfolge nicht nur gut zu überdenken, sondern sich diesbezüglich auch kompetent beraten zu lassen, damit es am Ende nicht zu ungewünschten Ergebnissen kommt. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei vielfältig.

Axel Klingebiel Rechtsanwalt und Notar