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Meine Heimat 2021

Begonnen hat alles mit einer Milchtankstelle in einem fünf Quadratmeter großen Gartenhaus.

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Der Verkauf an der vielfrequentierten Milchtankstelle läuft auf Vertrauensbasis. Foto: Schulz

Begonnen hat alles mit einer Milchtankstelle, die unweit vom Kuhstall entfernt in einem fünf Quadratmeter großen Gartenhaus untergestellt ist. Direkt an der Hauptstraße in Güntersen kann somit für einen Euro pro Liter nach Belieben frische unbehandelte Rohmilch selbst gezapft werden. Die fließt entweder in ein mitgebrachtes Gefäß oder in eine Glasflasche, die es auch vor Ort zu kaufen gibt. Die Tankstelle war vom Start weg gut frequentiert. Wer hier anhält, ist eigentlich nie alleine an der Tankstelle.    

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Zur frisch gezapften Milch kamen immer mehr Produkte dazu wie Molkedrinks und Butter, die ebenso wie die Eier der rund 600 Legehennen in einem zweiten Gartenhaus an der Hauptstraße angeboten werden. Außerdem gibt es Marmeladen, die Mutter Elisabeth selbst macht, sowie Produkte von anderen Herstellern aus der Region wie Biokaffee, Senf oder Backmischungen für Bauernbrot und Haferflocken-Kekse. Der Verkauf verläuft bei offener Ladenkasse auf Vertrauensbasis. 
     

Seit dem Frühjahr ist ein Produkt aus der Milch der Timmermannschen Kühe in den Verkaufshäuschen erhältlich: traditionell hergestellter Schnittkäse von der Leinetaler Landkäserei. Hinter der steht ein Zusammenschluss von derzeit fünf Landwirten aus Südniedersachsen, die ihre Milch nach Lütgenrode transportieren. Dort verarbeiten eine Käserin und vier Mitarbeiter die Milch und stellen den Schnittkäse her, der auf den jeweiligen Bauernhöfen ab Hof vermarktet wird. 
    

„Aus hygienischen Gründen wird die Rohmilch pasteurisiert, um sie durch das Erhitzen keimfrei zu machen. Sie ist aber nicht homogenisiert und bleibt dadurch sehr geschmackvoll”, so Jens Timmermann. Er ergänzt: „Die Machart ist bei all unseren Käsevarianten immer dieselbe, aber wir haben unterschiedliche Kräutermischungen für verschiedene Aromen“ und zählt Käse mit Bärlauch oder Bockshornklee und die ganz neue Sorte „Kuhle Laune“ auf, in der Blüten enthalten sind. Mit den regionalen Käsevarianten beliefert Familie Timmermann inzwischen auch zwei Rewe-Märkte in Adelebsen und Uslar.

„Mein Vater hat hier jahrzehntelang konventionelle Landwirtschaft betrieben, aber heutzutage fordern die Verbraucher etwas anderes. Die Direktvermarktung der regionalen Produkte ist ganz mein Ding, mit dem ich dem Betrieb meine persönliche Note verleihe”, so der studierte Landwirt.

So werden nicht nur in puncto Direktvermarktung modernere Wege gegangen. Im Stall stehen – Jungtiere und „Kühe im Mutterschutz“ eingeschlossen – über 200 Kühe. Davon geben etwa 90 Milch und sie können selbst entscheiden, wann und wie häufig sie im Melkroboter gemolken werden. Jens Timmermann: „Am Anfang führen wir die Milchkühe ein paar Mal an den Melkroboter heran, aber die Tiere lernen schnell und gehen dann selbständig hinein.“ Der Roboter bürstet die Kuh am Euter, sucht per Laser, wo die Zitzen sind und setzt schließlich zum Melken an. Währenddessen genießen die Kühe im Roboter ihr gentechnik-freies Kraftfutter. Versorgt werden alle Kuhstallbewohner außerdem mit Mais- und Grassilage, die Jens Timmermanns Bruder Henning selbst in Güntersen anbaut. Von Frühjahr bis Herbst haben alle Milchkühe und die knapp einjährigen Jungtiere Weidegang auf dem sieben Hektar umfassenden Weideland rund um den Kuhstall.

Mit von der Partie sind dabei seit Kurzem auch Jungbullen. Denn seit letztem Jahr behält Familie Timmermann die Bullenkälber im Betrieb. Vertrieben wird ihr Fleisch über „Cowsharing“: Auf der Homepage des Hofs kann man sich Fleisch-Pakete oder Teilstücke reservieren. Dieses Projekt läuft seit Anfang des Jahres und es bleibt abzuwarten, wie dieses Angebot bei den Kunden ankommt. shz/star